Veranstaltung: | Wahlprogramm Berlin-Mitte 2021 |
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Antragsteller*in: | Kreisvorstand (KV Berlin-Mitte) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 11.10.2020, 21:49 |
Antragshistorie: | Version 1 |
NEU Debattenentwurf Cluster 4: Soziale Gerechtigkeit / Vision 2035
Text
Ein gutes Leben in Würde und Freiheit ist nur in einem sozial gerechten und
solidarischen Bezirk möglich. Wir füllen Solidarität und Gerechtigkeit mit
Leben, denn Solidarität schafft gesellschaftlichen Zusammenhalt in unseren
Kiezen und Quartieren. Soziale Gerechtigkeit ist für uns mehr als ein Leben ohne
Armut, sondern beinhaltet für uns gleichberechtigte Teilhabe am
gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben im Bezirk. Dazu
braucht es starke öffentliche Räume und Institutionen – gute Schulen, Kitas,
Schwimmbäder und Sportplätze,
soziale Infrastruktur, Bibliotheken, Kultur- und Freizeiteinrichtungen, einen
gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr, stabile Internetversorgung für alle,
gute gesundheitliche Versorgung und gleichwertige Lebensverhältnisse im Bezirk
sowie einen uneingeschränkten Zugang zu Wissen, Bildung und Kultur.
Wir gestalten den Wandel im Bezirk sozial, gerecht, nachhaltig und im Sinne
aller im Bezirk lebenden Menschen und schieben Gentrifizierung und dem
Ausverkauf unserer Kieze den Riegel vor. Ausreichender und bezahlbarer Wohnraum
für alle Menschen darf 2035 kein Luxus sein, den sich nur Reiche in Mitte
leisten können. Wir setzen der Spekulation mit Wohnraum ein Ende und nutzen
dafür alle uns zur verfügung stehenden Mittel. Die Mieten in Mitte sind 2035
bezahlbar. Hierzu hat der konsequente Kämpf gegen Ferienwohnungen und
spekulativen Leerstand durch die Verwaltung, die Ausweitung der
Milieuschutzgebiete auf den ganzen Bezirk, aber auch die Umsetzung des
Mietendeckels und die verstärkte Nutzung des
Vorkaufsrechts beigetragen. Der Bestand an bezahlbarem Wohnraum hat dank
Förderprogrammen und gesunkener Grundstückspreise stark zugenommen. 40% der
Wohnungen im Bezirk gehören
landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften bzw. Genossenschaften. Zwangsräumungen
gehören der Vergangenheit an. Wohnungsverluste werden durch verbesserte
Zusammenarbeit zwischen Betroffenen, Jobcentern und Bezirksamt unterbunden.
Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt wird auf allen Ebenen bekämpft.
Kein Mensch muss 2035 auf der Straße leben. Durch eine Anpassung der Angebote in
der Wohnungslosenhilfe, den Ausbau von Konzepten wie Housing First, also eigener
Wohnraum statt Notunterkunft, dem zielgenauen Einsatz von Streetworker*innen und
Sozialarbeit auf Augenhöhe , einem diskriminierungsfreien Zugang von EU-
Bürger*innen zu Sozialleistungen und mehr bezahlbaren Wohnraum, verlaufen die
Maßnahmen zur schnellen Unterbringung in eigenem Wohnraum so gut, dass
Notunterkünfte und Kältehilfe überflüssig sind. Allen Menschen, denen der
Verlust des Wohnraums droht, stehen 2035 ausreichend präventive Angebote im
Bezirk zur Verfügung, um Obdach- und Wohnungslosigkeit zu verhindern. Der Bezirk
unterstützt die Menschen dabei, ein neues langfristiges Zuhause zu finden, in
dem Bedürfnisse wie Privatsphäre, Barrierefreiheit und Tierhaltung erfüllt
werden. Außerdem haben 2035 die Bürger*innen des Bezirks Mitte mehr
demokratisches Mitbestimmungsrecht, was mit Wohnungsraum und öffentlichen
Flächen passiert.
Barrierefreiheit ist 2035 im Bezirk weitestgehend umgesetzt. Alle neu gebauten
und grundsanierten Wohnungen, sowie Plätze und Parks sind barrierefrei und für
Menschen mit Rollstühlen und Rollatoren benutzbar. Menschen mit Behinderung
bewohnen eigenständig Wohnraum bzw. leben in
WGs. Wohnheime für Menschen mit Behinderung sind aufgelöst. Öffentliche Gebäude
und Infrastruktur sind durchweg barrierefrei und inklusiv konzipiert und
nutzbar. Neben den Tauschportalen der großen Wohnungsgesellschaften und -
Genossenschaften betreibt der Bezirk eine eigene Wohn-Tauschbörse, damit auch
Mieter*innen anderer Wohnungseigentümer*innen leicht eine für sie passende
Wohnung finden. In Mitte hat der soziale Wohnungsbau Priorität.
Das Jobcenter arbeitet schon länger offen, digital und geht auf die
individuellen Bedürfnisse der Menschen ein. Niemand muss mehr sorgen- oder
angstvoll zu Terminen ins Jobcenter gehen. Dank Diversity-Trainings, einer
besserem Terminvergabe, Videokonferenzen und Fortbildungen für die
Mitarbeiter*innen funktioniert die Kommunikation und Terminvergabe zwischen
Erwerbslosen und Jobcentern gut. Elternteile, die Maßnahmen und Sprachkurse
besuchen, können stets Kinderbetreuung in Anspruch nehmen, damit sich
Kinderbetreuung und Arbeitssuche bzw. Weiterqualifikation unter einen Hut
bringen lassen. Erwerbslose entscheiden 2035 aktiv über ihre
Weiterbildungsmaßnahmen mit. Das Jobcenter verhängt schon lange keine Sanktionen
mehr. Fokus der Vermittlung in Arbeit sind ausschließlich tarifgebundenen und
gutbezahlte Arbeitsstellen.
Ein wachsender Bezirk braucht Kinder-, Jugend- und Bildungseinrichtungen, die
mitwachsen. Wir haben 2035 aus Schulen und Bildungsstätten starke
Demokratielernorte gemacht. Jedes Kind im Bezirk bekommt zeitnah einen
qualitativ hochwertigen Kita-Platz undwird individuell gefördert. Flankiert von
einer Kinder- und Jugendarbeit, die sich an den vielfältigen Lebensrealitäten
und Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen in unseren Kiezen und Quartieren
orientiert und verlässliche Ansprechbarkeit und Begleitung im Alltag
sicherstellt. Ebenso gehört ein breites Angebot mit Kinder- und
Jugendfreizeiteinrichtungen, Abenteuerspielplätzen, Jugendverkehrsschulen,
Familienzentren, Bibliotheken mit jeweils bedarfsgerechten Öffnungszeiten zum
Grundangebot in Mitte. Für uns ist klar: in Mitte lebt kein Kind mehr in Armut
sondern in Würde. Jede hilfsbedürftige Familie im Bezirk, ob Ein-Eltern-Familie,
Patchwork- oder Regenbogenfamile, soll Unterstützung bekommen, wann immer sie
sie braucht.
Beim Kinderschutz ist Mitte gut aufgestellt. Die Sozialarbeiter*innen haben eine
bewältigbare Anzahl an Fällen zu bearbeiten und sie können sich in ihrer Arbeit
auf die Hilfe und Beratung der Kinder, Jugendlichen und Familien konzentrieren
und sind von bürokratischen Arbeiten
entlastet. Die Steuerung der Hilfen zur Erziehung dient der passgenauen
Vermittlung von Hilfeangeboten und nicht fiskalischen Zwecken. So wird Mitte dem
großen Bedarf an Hilfeleistungen gerecht und niemand wird zurückgelassen.
Aufgrund der stark ausgebauten
Präventionsmaßnahmen ist die Zahl der intensiven Hilfsmaßnahmen stark
zurückgegangen.
2035 sind die Schulen in unserem Bezirk vollständig saniert. Mitte verfügt über
ausreichend Schulplätze für alle Schüler*innen. Sie verfügen über eine optimale
digitale Ausstattung. Gute technische Unterstützung ist für heutige
Bildungschancen unerlässlich. Aber nicht alle Schüler*innen finden dieselben
Voraussetzungen zu Hause vor. Schulen müssen
Orte digitaler Bildung sein, in denen alle Schüler*innen teilhaben können. Dafür
müssen technische Standards von unseren Schulen gewährleistet werden und
Lehrpersonal, das damit professionell und nachhaltig umgehen kann. Wir teilen
die Idee einer Schule für alle von der ersten bis zur letzten Klasse und
unterstützen dies als Bezirk, wo es möglich ist. Kein Kind in Mitte verlässt
2035 ohne Abschluss die Schule. Die Schüler*innen in Mitte gehen gern zur
Schule. Die Lehrer*innen und Fachkräfte haben durch bessere zeitliche
Planbarkeit, neue Kolleg*innen an den Schulen und eine gute digitales
Ausstattung einen zeitgemäßen Arbeitsplatz.
Wir haben 2035 inklusive, diskriminierungsfreie, antirassistische und
diversitätssensible Bildungseinrichtungen im Bezirk, in denen breites Wissen zu
Inklusion und Diversität verankert ist und schon früh auch antirassistische und
antisexistische Bildung stattfindet. Mit starken
Gemeinschafts- und Sekundarschulen, zu denen jedes Kind fairen Zugang bekommt
und welche die Diversität unseres Bezirks auch im Lehrpersonal widerspiegeln.
Rassistische oder diskriminierende Lehrinhalte gehören der Vergangenheit an. Es
gibt Antidiskriminierungsbeauftragte an allen Schulen.
Mitte ist ein Bezirk für alle, der genauso vielfältig ist wie unsere
Gesellschaft. Dank zahlreicher
generationsübergreifender Begegnungsorte und
neuer Wohnkonzepte gehört insbesondere Einsamkeit der Vergangenheit an. Mitte
ist ein Bezirk, in dem man glücklich alt werden kann. In allen Kiezen gibt es
mehrsprachige und niedrigschwellige Angebote für Senior*innen.
Mitte ist auch 2035 ein Bezirk, in dem Sexarbeiter*innen frei von Angst,
Repression und Stigmatisierung ihre Dienstleistungen selbstbestimmt anbieten
können. Sie werden dabei mit individuellen und umfassenden Beratunsgangeboten
etwa in gesundheitlichen oder juristischen Fragen unterstützt. Die Anzahl der
Personen, die in Mitte Opfer von Gewalt werden, ist Dank entsprechender
Maßnahmen drastisch gesunken. Wer Opfer von Gewalt wird, findet schnellen und
unbürokratischen Opferschutz. Insbesondere für Frauen und Kinder, stehen
genügend Schutzräume wie Frauenhäuser zur Verfügung.
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